Tokyo Food Diary #5: Mein erster japanischer Wein

TitelJapan und Wein – ich meine, Traubenwein, nicht etwa Pflaumenwein oder Reiswein – sind das zwei Dinge, die für uns spontan eine wohlklingende Einheit bilden? Ja? Dann, liebe Freunde, lest nicht weiter, denn Ihr habt bereits eine höhere Bewusstseinsstufe erreicht. Für mich und alle anderen, denen die Kombination irgendwie seltsam vorkommt, folgen jetzt 15 eng beschriebene Seiten Theorielast. Mindestens. Und Selbstversuche, das Bild oben liefert ja bereits einen kleinen Vorgeschmack.

Reben sind in Japan seit vielen Jahrhunderten ein ganz normaler Anblick. Ohne dass ich hier die Einer-vom-anderen-Abschreib-Passagen wiederholen möchte, scheint es so zu sein, als seien schon vor fast 1.000 Jahren die ersten Kulturreben über die Seidenstraße nach China und weiter nach Japan gebracht worden. Die prominenteste dieser Trauben hört auf den Namen “Kōshū”, die frühere Bezeichnung für die heutige Präfektur Yamanashi im Hinterland des Mount Fuji. Viele Jahrhunderte lang aß man diese Trauben zwar als Obst, wusste aber ansonsten weintechnisch wenig damit anzufangen.

Das änderte sich erst systematisch, als Kaiser Meiji im 19. Jahrhundert begann, das Land aus seiner Isolation zu lösen und es anderen kulturellen Einflüssen zu öffnen. Der Wahlspruch des Kaisers war dabei, man solle “die schlechten Dinge vermeiden und die guten fördern; dabei sei unser Wunsch, unsere Errungenschaften in guter Absicht mit denjenigen anderer Länder zu vergleichen.” So ähnlich steht es auf einer Tafel am Eingang zum Meiji-Schrein, einem der wichtigsten touristischen und religiösen Versammlungsorte von Tokio. Der Kaiser selbst ging mit bestem Beispiel voran und verzehrte beispielsweise voll positiver Neugier Eisbein mit Sauerkraut. Im Jahr 1868 wurde so zunächst der Verzehr von Rindfleisch, später auch derjenige von Schweinefleisch für die Bevölkerung gestattet.

Meiji-FässerIm selben Maße begann sich das Staatsoberhaupt auch für europäischen Wein zu begeistern, wobei ihm Burgunder besonders mundeten. An dem erwähnten Eingang zum Meiji-Schrein befindet sich im Gedenken daran eine wahrhaft eindrucksvolle Reihe echter Holzfässer aus Burgund, die von namhaften Gütern gespendet wurden – mit Inhalt, versteht sich. Wenn sich darunter ein großes Fass mit dem Griotte-Chambertin Grand Cru der Domaine Ponsot befindet, kann man sich denken, dass die burgundisch-japanische Weinfreundschaft auch heute noch aktiv besteht.

Aber erst einmal wieder 150 Jahre zurück: Den aufgeschlossenen Japanern, die die kaiserlich geprägte Erneuerungswelle mitmachten, fiel nämlich ziemlich schnell ein, dass sie doch selbst auch seit langem Jahren Trauben anbauten und nicht nur die Franzosen. Warum also nicht selbst Wein nach französischem Vorbild herstellen? Die Präfektur Yamanashi tat sich hierbei besonders hervor, und so war es kein Wunder, dass im Jahr 1874 der erste echt japanische Wein vermutlich aus Kōshū-Trauben gekeltert wurde. Drei Jahre später wurden zwei junge Männer nach Frankreich geschickt, um dort das Handwerk des Winzers zu erlernen. Weitere zwei Jahre später, also im Jahr 1879, wurde schließlich das erste japanische Weingut gegründet, das heute unter dem Namen “Katsunuma” fungiert. Mittlerweile gibt es allein in Yamanashi über 80 Weingüter, und andere Provinzen scheinen in den letzten Jahren nachzuziehen.

Dieser neue japanische Weinboom steht allerdings auf zwei unterschiedlichen Füßen, einem ehernen und einem tönernen. Der eherne, das sind die kulturellen Voraussetzungen. Die Verehrung von “Hochkulturen”, sowohl der eigenen als auch jener aus Europa, ist im japanischen Geistesleben fest verankert. Damit einher geht die Förderung handwerklicher Meisterschaft, um diese Kulturen auch entsprechend zu pflegen. Es gibt – anders als in eher von “Neureichen” geprägten Ländern – in Japan eine große Zahl echter Weinliebhaber und eine ebenso große Zahl international ausgebildeter Önologen und Sommeliers.

Jetzt aber zum tönernen Fuß, den natürlichen Voraussetzungen. Japan liegt am Pazifik, Ostseitenklima, Cfa nach Köppen, ähnlich wie in Atlanta, Shanghai oder Brisbane. Wir in Europa kennen so etwas eigentlich gar nicht – und die Reben auch nicht. Konkret auf Japan bezogen bedeutet das: Den meisten Sonnenschein gibt es im Januar, wenn die Rebstöcke nichts damit anfangen können, den wenigsten im Juni und September. Die große Regenzeit mit den bösen Taifunen fällt oft ganz ungünstig mit der Spätreife oder gar der Ernte zusammen. Das bedeutet, dass die milden, gar dampfigen Temperaturen eher die Pilze gedeihen lassen als die Trauben. Im Ergebnis müssen trotz der warmen Südlage die allermeisten Moste chaptalisiert werden, weil der durchschnittliche potenzielle Alkoholgehalt japanischer Weine so ungefähr bei 8 vol% liegt – die Trauben erscheinen aufgeblasen groß, sind durch den Sonnenmangel aber zuckerarm.

Aus diesem Grund gibt es drei verschiedene Rebsortenkonstellationen in Japan (ich verallgemeinere grob): 1. die traditionellen Tafeltrauben wie die Kōshū, die sich an diese Bedingungen gewöhnt haben, 2. Neuzüchtungen und Hybridsorten wie Riesling Lion, Muscat Bailey, Niagara oder Delaware, die robust genug sind, auch unter ungünstigen Umständen, und 3. Pinot Noir, Rheinriesling, Merlot, Zweigelt, Cabernet Franc und eine ganze Reihe komplizierterer Trauben, für die ambitionierte Winzer und einfach eine neue Anbauregion gefunden werden mussten.

Wenn Ihr mich fragt, ich würde Euch raten, die Kōshū-Weine aus der Provinz Yamanashi zu probieren und – seit neuestem – die “Edelreben” ganz aus dem Norden, am besten von der Nordinsel Hokkaido. Die Winter können dort zwar ziemlich kalt werden, aber durch das kältere Meereswasser kommen die Oktober-Taifune nicht mehr in diese nördlichen Bereiche und bescheren der Region eine vergleichsweise sonnige Herbstperiode.

So, das war die graue Theorie. Jetzt zur Praxis. Ich muss zugeben, dass ich mich mit dem Weinbau in Japan erst beschäftigt habe, nachdem ich die ersten beiden Flaschen erstanden hatte. Aber schließlich kann man ja auch nach dem Probieren studieren.

Den ersten Wein hatte ich ausgewählt, weil er erstens erschwinglich war (knapp zwölf Euro) und zweitens in einer intensiv blauen, Prosecco-artigen Flasche mit Bügelverschluss daherkam. Die dürftigen Infos, die ich hernach aus dem Netz holte, beinhalteten die Rebsorte (Kōshū) und den Hersteller bzw. Vertreiber (Fujicco Wines, Yamanashi), der sein Geld ansonsten offenbar mit Algen- und Bohnenprodukten verdient. Mischkonzerne sind in Japan das Normalste der Welt – auch im Weinbau. Der “Winemaker” lieferte dann in einem Interview noch ein paar weitere Informationen: Der Name des Weins, “Kura-no-Oto“, bedeute “der Klang des Weinkellers”. Er habe diesen Perlwein absichtlich komplett ungefiltert abgefüllt; der Wein sei aber komplett durchgegoren.

Fujicco KoshuDer Kura-no-Oto ploppt überhaupt nicht beim Öffnen, und auch ansonsten ist noch nicht mal das feinste Prickeln zu spüren. Entweder hat der Bügelverschluss nicht dichtgehalten, oder – was nicht unwahrscheinlich sein dürfte – der Übersetzungscomputer hat wieder irgendwas falsch verstanden. Trüb ist bei diesem Wein gar kein Ausdruck. Der Trub hängt so tief drin wie bei einem Hefeweizen, und erst ein herzhaftes Umstülpen bringt eine gleichmäßige Verteilung der Schwebstoffe. Ein echtes Federweißer-Gefühl. In der Nase ist der Wein dann aber in der Tat durchgegoren, sehr hell von der Anmutung, wenig fruchtig und eher mit einem Muscadet zu vergleichen. Am Gaumen wie gesagt keine Perlen, dafür ein wenig Hefe, etwas Erdigkeit und bei einer gewissen Viskosität eine erstaunlich präsente Fruchtsäure. Die Aromen gehen stark in Richtung Ananas und sind sehr kräftig, der Wein erscheint aber weder ausgefeilt noch lang. Ich persönlich finde, dass der Wein weit weniger kurios schmeckt, als er aussieht. Als Mitbringsel ist er aber vor allem der Aufmachung wegen sehr gut geeignet.

Weil mir ein Test ja selten reicht, habe ich im Antenna-Shop der Präfektur Iwate (mehr zum fantastischen Konzept der Antenna-Shops in einem späteren Post) auch noch einen Rotwein gekauft, auf dessen Etikett ich praktisch nichts lesen kann. Außer dem Namen des Herstellers: “Edelwein“. Das schien mir doch ein gutes Omen zu sein. Es handelt sich hier um einen reinsortigen Merlot aus dem Norden des Landes, also aus jenen kälteren Zonen, von denen ich schon gesprochen hatte. Ich habe den Wein in der Halbflasche erstanden, man muss ja nicht gleich übertreiben, und dafür umgerechnet etwa 10 € bezahlt. Ein Teil davon geht übrigens in einen Fonds zur Wiederaufbauhilfe nach dem Erdbeben. Denn auch in Gegenden, die keine überstarke radioaktive Belastung der Fukushima-Katastrophe abbekommen haben, hatte das Erdbeben zum Teil heftig gewütet.

Edelwein Iwate MerlotIm Test sehe ich zunächst ein dunkles Rot im Glas mit irgendwie bereits leicht bräunlichem Rand. Die Nase liefert eine dunkle Frucht, daneben jedoch auch gewisse Unreifenoten, Paprika und Wiesenrandkräuter. Am Gaumen ist der Wein in der Tat zunächst leicht kräuterig-unreif, bevor dann ein würziger Alkoholanklang folgt. Anders als befürchtet, endet der Edelwein aber nicht als rote Fruchtsuppe, sondern zeigt durchaus präsente Tannine, bei allerdings eher niedriger Säure. Die Kombination aus leichter Maderisierung und grünen Noten deutet für mich auf das typische Problem hin, das ich weiter oben schon beschrieben hatte: wenig freundliche Naturbedingungen, also sonnenmäßig flach und breit statt hoch und pointiert. Aber – das muss ich ganz klar sagen – bei weitem keine Weinkatastrophe; Ähnliches habe ich aus deutschen Landen auch schon im Glas gehabt – da allerdings bei mehr Restzucker.

Yamanashi AntennaZum Schluss noch ein Wein, den ich heute im Antenna-Shop der Präfektur Yamanachi erstanden habe. In diesem Laden in Ginza (oder war es schon Nihombashi) habe ich das bislang mit Abstand beste Angebot japanischer Weine gefunden. Wie gesagt, ich stelle Euch die Läden noch auf einer gesonderten Tour vor, weil ich annehme, dass Ihr ein wenig Zeit mitbringt, bis Eure persönliche Tokio-Reise ansteht.

Yeomsan Salzberg KoshuDie Verkäuferin sprach nach drei Jahren in Alaska gut Englisch und konnte mich entsprechend beraten – etwas, das mir hier vorher noch nie passiert war, aber schließlich bin ich es ja auch, der die hiesige Landessprache nicht kann. Ich hatte mit ihr über diesen und jenen Wein gesprochen und sie dann gefragt, welcher der Weine vom ihrer Meinung nach “kleinsten” Winzer stammt, also nicht auf die Körpergröße, sondern auf die Rebfläche bezogen. Sie schwankte zwischen drei Möglichkeiten und gab mir schließlich den “Salzberg” mit. Der Wein gefiel mir von seiner Aufmachung her, der Winzer sah auf dem Foto auch verwegen genug aus, also nahm ich die Flasche. 100% Kōshū, Jahrgang 2012, 12,5 vol%, eigene Trauben, trocken ausgebaut, zur Hälfte im Stahl, zur anderen im großen Holz. Der Vater ist irgendwie Präsident der Genossenschaft oder des Weinbauverbandes, aber der Sohn macht eigentlich nur selbst Wein und sonst nichts. 14 € für die Flasche, was natürlich auch kein Preis für ein Spitzenprodukt ist, aber Premiumweine zu Premiumpreisen sind in weniger traditionellen Weinbauländern oft mit Holz und/oder tiefer Beerenfrucht zugeschissen, also vermeide ich sie lieber.

In der Tat entpuppt sich der “Salzberg” als veritabler Speisenbegleiter: sehr blass in der Farbe, in der Nase auch sehr hell, weißer Pfirsich, Litschi. Am Gaumen geht das hell-Tropische weiter mit Aromen von Ananas und Litschi bei einer sehr lebendigen und prononcierten Fruchtsäure. Der Wein ist insgesamt fruchtig-erfrischend und endet hinten recht kurz, eignet sich durch seine eher neutrale Art aber wie gesagt gut zur Sushi-Platte und sogar zum nussigen Dessert. Insgesamt erinnert er mich am ehesten an einen Aligoté.

Das waren sie also, meine ersten drei Weinerlebnisse aus Japan. Ein Fazit kann ich natürlich noch nicht ziehen, aber vielleicht werde ich, um einen runden Abschluss hinzubekommen, doch mal demnächst einen Versuch der Variante “25 €-Wein aus Hokkaido” machen. Der legendäre Weinbaupionier Bruce Gutlove hat sich mit seiner Familie in einer Art vorzeitigem Ruhestand jedenfalls dorthin zurückgezogen und keltert offenbar auch seinen eigenen Wein. In den 80er und 90er Jahren hatte Gutlove mit seinen non-interventionistischen Ansätzen in Weinberg und Keller bei der Coco Farm Winery in Toshigi für Furore gesorgt (hier ein wie immer wunderbarer Artikel darüber von Bertrand Celce), aber that was then. Ich frage mich nur, wie ich an seine heutigen Weine herankommen soll. Mal schauen, vielleicht habe ich ja Glück…

Hat jemand von Euch schon einmal Wein aus Japan getrunken? Falls ja, sind damit angenehme Erinnerungen verbunden, an denen Ihr mich teilhaben lassen könntet?

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15 Antworten zu Tokyo Food Diary #5: Mein erster japanischer Wein

  1. Thea sagt:

    Japan-Wein getrunken? Leider nicht. Was ist “Maderisierung”? Ist mir ganz neu und unbekannt.
    Weiterhin eine schöne Zeit und auf fröhliches und lehrreiches Weiterlesen!

    • Matze sagt:

      “Maderisierung” kommt von Madeira. Dort wird der Most ja bewusst dem Sauerstoff ausgesetzt (und erhitzt), so dass bräunliche Noten entstehen, also nicht mehr die rote Frucht, sondern bestenfalls Karamell und Haselnuss, bei ungewollter Sauerstoffzufuhr aber eher Walnusshaut, Liebstöckel und trockene Blätter. Der Wein, den ich probiert habe, schien also seinen Reife-Höhepunkt bereits hinter sich zu haben. Die Oxidation hatte schon verstärkt eingesetzt, und die Sache wurde langsam braun-muffig.

      Ich weiß nicht, ob die Weingelehrten das auch so sehen, aber für mich spielen dabei zwei Dinge eine Rolle: zunächst ein Fehler bei der Vinifizierung oder ein undichter Kork, wobei jeweils eine übermäßige Sauerstoffzufuhr zugelassen wird – und dann noch die Angewohnheit, die Trauben zu lang am Stock zu lassen. Manche der Rotweine älteren Stils aus dem Roussillon oder auch (nach meiner Erfahrung) von der Insel Hvar oder aus der Türkei hatten solche Noten. Bei japanischem Wein kann ich mir ein Zuviel an Sonne kaum vorstellen, weshalb ich entweder auf einen undichten Kork tippe oder auf unsachgemäßen Sauerstoffeintrag bei der Vinifikation – oder auf einen Anteil “verbrannten” australischen Merlots, um den “grünen” japanischen Merlot auszugleichen.

  2. Keita sagt:

    Hallo Matze,
    da muss ich die Sommerferien meiner Kindheit ganz falsch in Erinnerung haben. Kein Sonnenbrand sondern nur Regen. Klar, es ist recht schwül, da freuen sich die Pilze, es regnet auch schon mal, aber der Regen ist dann auch schnell wieder verdunstet. Sonne ist genug da, nur sind PIWIs vielleicht günstiger im Anbau. Oder Anti-Pilz-Mittel.
    An japanischen Weinen habe ich ein paar belanglose Kôshûs probiert, nur einer hat mich beeindruckt. Der Aruga Branca Doce von der Katsunuma Winery. Ein Cyro-“Eiswein” mit entsprechender Säure und Dörrobstaromen. Den gab es im Glas (0,05 l ) für ca 15€ in einer Tôkyôter Dependance eines Kyôtôer Traditionsrestaurant. Die Dependance gibt es jetzt nicht mehr. Vielleicht lag das auch am Preis für den Wein?
    Ansonsten habe ich im Keller noch einen alten Kôshû sur lie und einen Cyroextraktionswein von Cabernet Sauvignon. Warte da noch auf den richtigen Augenblick.
    Was mein Opa mir später erzählt hat, als ich dann nicht mehr in den Sommerferien nach Japan gekommen bin sondern in den Semesterferien, ist, dass viele japanische Weine mit ausländischem Most oder Wein gepimpt werden. Deshalb beim Kauf auf 100%国産 achten. Heisst: 100% Japanisch.

    • Matze sagt:

      Ich bestätige Dich ja nur ungern ;), aber da scheinst Du tatsächlich die Sommerferien Deiner Kindheit falsch in Erinnerung zu haben. Ich habe mir mal die Klimadiagramme angeschaut von Frankfurt in Deutschland und in Japan Tokio, Kofu/Yamanashi und Okihiro/Hokkaido, die beiden letzten liegen in den wichtigsten Qualitätsweingebieten. In allen drei Monaten Juli, August und September hat Frankfurt deutlich die meisten Sonnenstunden und jeweils etwa ein Drittel der Niederschläge. Im Juli beispielsweise (also zur Ferienzeit) hat Frankfurt 233 Sonnenstunden, Tokio 144, Kofu 164 und Okihiro 118; gilt ähnlich für die Monate danach.

      In der Reportage von Bertrand Celce über Coco Farm hatte ich auch gelesen, dass der (französische) chef de culture gemeint hat, die Böden seien fast das ganze Jahr über feucht, weshalb sie die Reben im Pergolasystem erziehen, also möglichst weit weg vom Boden. Zusammen mit den hohen Temperaturen und der hohen Luftfeuchtigkeit führt das ansonsten – wie Du schon sagtest – zu einer großen Pilzgefahr. Und da sind die PIWIs wirklich günstiger.

      A propos, ich habe hier auch einen Riesling Lion Eiswein gesehen für knapp 30 € die 0,5 Liter-Flasche. Nur halt nicht aus am Stock gefrorenen Trauben, sondern aus eingefrorenem Most bereitet. Eigentlich möchte ich so einen “technischen” Wein nicht haben (ähnlich wie bei den Cryoextraktions-Weinen), aber geschmacklich könnte er natürlich sehr interessant sein.

      Die Sache mit dem Verschneiden von Weinen hatte ich auch gelesen, und es scheint tatsächlich eine Zeit gegeben zu haben, in der “japanischer Wein” rechtlich gesehen nur einen kleinen Teil tatsächlich in Japan geernteter Trauben beinhalten musste. Da sind dann die Tankschiffe aus australischer Überproduktion hergeschippert gekommen. Mittlerweile scheint das aber deutlich weniger der Fall zu sein. Auf vielen Weinen, die ich gesehen habe, steht in der Tat das “100% 国産”. Danke für den Hinweis! Die 100% konnte ich auch lesen, aber 100% von was? Jetzt weiß ich es. In den unteren Regalbereichen sieht das mit dem japanischen Wein anders aus. Da hatte ich zum Beispiel drei erstaunlich günstige Weine mit ausschließlich japanischer Aufschrift gefunden. Die stellten sich dann als Weine aus Languedoc-Trauben heraus, was der Verkäufer aber auch ganz klar gesagt hat. Ich kann es zwar nicht mit Bestimmtheit sagen, habe aber das Gefühl, dass die Zeit der “riesigen Panscherei” vorbei ist. Jetzt werden wohl eher kleinere Mengen zugefügt – so wie in der EU mit der 15%-Regelung ;).

      • Keita sagt:

        Da werde ich dann wohl meine kompletten Kindheitserinnerungen unter einem neuen Licht betrachten müssen 😉
        Vielleicht findest du dafür in Tokyo ja einen Kôshû Wein aus einem für Weinbau besser geeigneten Anbaugebiet. Wie zB dem Rheingau. Schönleber-Blümlein produzieren ganze 348 im Jahr und verkaufen die alle nach Japan über ihren Generalimporteur kinoshita international. Habe gerade im Internet bei rakuten eine Flasche für knapp 6000 Yen gesehen.

        • Matze sagt:

          Kōshū aus dem Rheingau, Wahnsinn, was es nicht alles gibt! Übrigens – aber das weißt Du ja auch – sind deutsche Weine hier hoch im Kurs. Zum einen gibt es eigentlich in jedem Laden ein paar davon, und zum anderen sind vermutlich nicht nur Transport und Steuern für die hohen Preise verantwortlich, sondern auch das Image. Hubers Malterdinger habe ich gestern für umgerechnet 35 € gesehen, Egon Müllers Scharzhof (Jahrgang 2012!) zu einem ähnlichen Preis. Dafür bekommt man hier auch Sachen einfach so im Laden, nach denen man bei uns ganz schön suchen müsste – zum Beispiel fast die gesamte Leroy-Palette im Takashimaya. Oder (der Wahnsinn schlechthin, aber ganz knapp nicht meine Preisliga) den 1990 Cros Parantoux von Henri Jayer – für gut 13.000 € ;). Hab mich bei zehn Angestellten um mich rum aber nicht getraut, ein Foto zu machen.

  3. Keita sagt:

    http://item.rakuten.co.jp/wineuki/827093/
    Da ist dann auch der Link für den Kôshû. Bei einem anderen Händler gäbe es den Wein für 10.000 Yen, wenn er da nicht schon ausverkauft wäre. Suche noch etwas weiter, ob man den auch direkt in Tokyo kaufen kann, kann ja jetzt eh nicht mehr schlafen, wegen der falschen Kindheitserinnerungen 😉

    • Matze sagt:

      Dankeschön! Aber – bist Du Dir überhaupt sicher, dass Du ausgerechnet in Japan warst in Deiner Kindheit? Man täuscht sich ja leicht mal, und die Gerüchte, dass die Amerikaner gar nicht auf dem Mond waren und Bielefeld nur ein Gedankenkonstrukt ist, kommen ja nicht von ungefähr ;).

    • Keita sagt:

      Es sieht nicht gut aus, du musst entweder beim Importeur einbrechen, in die Präfektur Wakayama fahren oder per Internet bestellen. Habe gerade auch ein Klimavergleich Yamanashi und Rheingau gesehen. Ab September sieht es in Japan wieder besser aus, nur zwischen Mai und August ist das ja eine Katastrophe.
      Bei den deutschen Weinen, sind das immer noch die süßen oder gibt es jetzt auch große Gewächse zu kaufen? War das letzte mal 2009 drüben. Und da gab es in der Stadt wo meine Großeltern wohnen (wahrscheinlich in einem Sonnenloch), Aizu- Wakamatsu, tiefste Pampa, von Buhl Riesling den ich hier noch nie gesehen habe… süß selbstverständlich. QbA glaube ich. Aber auf das Gedächtnis kann ich mich ja nicht verlassen….

      • Keita sagt:

        Ja, ja, war der Armand, Kabinett. Habe ich bis jetzt in Deutschland noch nicht gesehen, bis gerade eben auf der Homepage von von Buhl.

      • Matze sagt:

        Vornehmlich süß, aber mittlerweile auch trocken und weiß oder gar trocken und rot. Wegen der Preise (und weil es mir irgendwie absurd vorkam, ausgerechnet hier deutschen Wein zu kaufen) habe ich aber noch nicht genau darauf geachtet. Ich gehe aber gleich los (trotz des Regens ;)) und werde mal schauen.

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  6. Hallo zusammen,
    ich bin eher durch Zufall auf Eure -etwas älteren- Zeilen gestoßen 🙂
    Aktuell bieten wir unseren Rheingau-Koshu aus der Ernte 2013 an.
    Anfang September 2014 werden wir den Wein komplett nach Japan exportieren, aktuell können aber noch Einzelflaschen direkt über uns bezogen werden. Für jeden Weinfreak ganz sicher ein sehr besonderes Erlebnis ! Preis je Flasche 21,50 Euro netto zzgl. Versand. Der Verkaufspreis in Japan wird bei 4000 Yen liegen. Solltet ihr Interesse haben, meldet Euch einfach zeitnah bei mir.
    Beste Grüße aus dem Rheingau,
    Frank Schönleber – Weingut Schönleber-Blümlein

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