Eigentlich sollte auf dem Bild links nicht der Stadtplan von Manila abgebildet sein, sondern eine Straßenszene aus der Stadt selbst. Vom Fischerhafen Novotas zum Beispiel oder vom Farmers‘ Market im Stadtteil Cubao. Aber es hat nicht sollen sein. Geschlagene zwölf Stunden habe ich gestern im Transitbereich des Flughafens von Bangkok verbracht und auf den Flug gewartet, der immer weiter nach hinten verschoben und schließlich ganz gestrichen wurde. Als ich dann wieder in der Stadt war, meinte Rick nur ganz trocken, „ah, pünktlich zurück zum zweiten Biertest. So sind sie, die Deutschen!“ Dass eines der Biere eigentlich ein philippinisches Lizenzprodukt ist, haben wir allerdings erst später erfahren.
Unser Testobjekt Nummer Eins stammt jedenfalls voll und ganz aus Thailand. Auf den ersten Blick zumindest. Das „Chang Draught“ mit dem hübschen Elefantenetikett wird in der Cosmos Brewery von Ayutthaya gebraut, also nicht weit von Bangkok entfernt. Die Brauerei ist aber längst Teil des globalen Kraken namens InBev, der einstmals in Belgien startete und mittlerweile von Anheuser-Busch bis Löwenbräu auf jedem Kontinent prominent vertreten ist. Dass die Zutaten ebenfalls aus einer zentralen Genkammer stammen, ist dabei ein Gerücht – aber eins, über das man nicht zu laut lachen sollte. Erst wollten wir das „Chang Classic“ nehmen, aber „Draught“, das klingt doch nach frischem Fassbier, also warum nicht?
Extrem hell ist das „Chang Draught“, die winzigkleinen Bläschen sprudeln munter, der Schaum wirkt angenehm. In der Nase ein Aha-Erlebnis: extrem hefig, Hopfen vermeinen wir auch zu schnuppern. Ein Bier wie direkt aus dem Kessel gezapft, enorm jung. Seidig gleitet das Pseudo-Fassbier in den Mund, ein schöner Antrunk, wobei die Hefenote erhalten bleibt. Ich fühle mich an ein Kölsch erinnert, außer dass dieses Bier natürlich untergärig ist. Um bei so wenig Gehalt nicht gleich in Richtung eines stillen Spülwassers zu gehen, haben sich die Chang-Verantwortlichen etwas Tolles ausgedacht: Den Schaumstabilisator, der oben für eine permanent sich erneuernde Krone sorgen soll, haben sie durch geschickte Veränderung der Bier-DNA einfach in das Getränk selbst verlagert. Ergebnis: Oben ist der Schaum schon lange verschwunden, aber mit jedem Schluck des Biers plustert er sich im Mund wieder auf. Das trübt für mich den Spaß etwas, aber ansonsten lässt sich dieses Bier mit seinen 5 vol% schön wegtrinken.
Testobjekt Nummer Zwei, ich sagte es ja bereits, stammt eigentlich von den Philippinen, und zwar von der dortigen Großbrauerei San Miguel. Jene ist mittlerweile der größte Getränkehersteller Südostasiens. Das vor uns stehende Bier „Red Horse“ wurde allerdings in Lizenz in der Brauerei von Pathumthani hergestellt. Ich glaube, das ist jener Ort, an dem auch das „Singha“ vom letzten Test inzwischen das Licht der Welt erblickt. Ein späterer Blick auf die Flasche förderte das überraschende Ergebnis zu Tage, dass dieses Tropenbierchen nicht weniger als 6,9 vol% auf die Waage bringt. „Dunnerlüttchen“, würde da der Norddeutsche ausrufen, und wenn Rick noch fünf Bier mehr vom „Red Horse“ trinkt, schafft er es mit dem „lüttchen“ auch. Unsere Freunde von „ratebeer“ haben dieses Produkt übrigens in die Kategorie „Malt Liquor“ eingeordnet – der Stärke wegen offenbar, aber unter „Malzlikör“ stelle ich mir dann doch etwas völlig anderes vor.
Farblich sind wir hier viel stärker auf der dunkelgelben Seite, sofern das im Schummerlicht nicht trügt. Die Blasen sind groß und schwungvoll, führen aber nicht zur Schaumbildung. In der Nase nussig-dezent, also sehr dezent eigentlich, und das ist dann doch überraschend. Im Mund ist das Bier weiterhin konsequent und bleibt bei seiner feinen Nussnote. „Ein prima Durstlöscher“, finde ich, „a nice thirst quencher“. Gebraucht man „to quench“ eigentlich noch in einem anderen Zusammenhang? Hört sich so Shakespearianisch an. Wie gesagt, wir wussten da noch nicht, wie stark das Bier eigentlich ist. Positiv fällt deshalb ganz klar auf, dass die unangemessene Brandigkeit, die höherprozentige Biere aus unmeisterlicher Produktion häufig an sich haben, sich hier wirklich im Rahmen hält. Andererseits ist das Bier zwar dichter, aber was diese Dichte ausmacht, das bleibt mir bis zum Schluss rätselhaft. Hopfen und Malz sind es nicht wirklich.
Mein Fazit: Ich hatte zwar das Gefühl, dass diese Paarung auf einem leicht höheren Niveau stattfindet als die von letzter Woche, aber vielleicht war ich auch nur so fertig nach meinem unerquicklichen Flughafenbesuch. Einen großen qualitativen Unterschied zwischen beiden Bieren gab es nicht, also muss der Stil entscheiden. Ein hefiges Kölsch ist mir in den Tropen bislang noch nicht untergekommen, ergo gewinnt bei mir das „Chang Draught“. Ob es gegen ein echtes Kölsch bestehen könnte – wahrscheinlich nicht. Rick möchte den Sieger all unserer Thai-Biere übrigens zum Abschluss gegen ein Foster und ein Paulaner antreten lassen. Die beiden Sorten habe ich nämlich vor ein paar Tagen im Kaufhaus Isetan entdeckt. Zu Hause würde ich kaum auf die Idee kommen, zu einem Paulaner zu greifen, aber hier ist irgendwie alles anders.
Hi Matze!
Ich habe mir heute den Feierabend mit einem bulgarischen Mavrud versüßt. Schau einfach mal im Weinforum nach, da findest Du meine VKN. Gutes Zeugs!!!
Viels Spass noch im südostasiatischem Raum und wenn Du wieder in heimischen Gefilden bist komm ich nach Kön und esse Kocorec und wir trinken ne Flasche zusammen.
Herzliche Grüsse Jens
Was Wein anbelangt, ist Südostasien vielleicht nicht die allererste Adresse. Ich habe aber schon Thai-Weine getestet und schreibe auch bald was dazu. Rumänien und Bulgarien werden vom Potenzial her eigentlich immer noch unterschätzt. Ich meine, 3.000 Jahre Weintradition sprechen für sich, dazu ein paar Handvoll autochthoner Rebsorten …fehlt halt nur der Didier Dagueneau oder René Barbier, die aus dem Potenzial auch was rauskitzeln.
Das mit dem Kokorec machen wir! Mein letzter guter türkischer Wein ist leider schon perdu.
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