Das Ende der Fastenzeit naht mit gewaltigen Schritten. Manch einer mag während dieser Zeit auf Fleisch und Alkohol verzichtet haben. Neben den wenigen religiös oder anderweitig philosophisch motivierten Fastern dürfte es der Mehrheit dabei um das Purzeln der Kilos gegangen sein. Falls Ihr auch gehungert habt und das ganze Grünzeug nicht mehr sehen könnt, hier präsentiere ich Euch für nächstes Jahr schon einmal eine Lösung, wie man auch mit rein pflanzlicher Kost stets einen vollen Magen erhält. Es geht – die Überschrift hat leider schon alles verraten – um Kartoffelchips. Diesmal aus Portugal. Wer die berüchtigten portugiesischen Wasserkartoffeln auf dem Teller kennt, wird gewisse Zweifel hegen, ob denn aus diesen Schwammgebilden jemals feste Kräcker werden können.
Für diesen Chipstest hatte ich mich wieder als anonymer Einkäufer im lokalen Supermarkt getarnt. Vier verschiedene Tüten habe ich mitgebracht, in allen dieselbe Sorte. Leicht gesalzene Kartoffelchips sind in Portugal aber ohnehin der Standard. Alle anderen Geschmacksrichtungen sind etwas für Desorientierte. Oder nein: Alle anderen Geschmacksrichtungen werden ausschließlich von der Firma Lay’s bereit gehalten. Also doch desorientiert. Hier sind jedenfalls die vier Kandidaten:
„Receita Caseira“ von Jerónimo Valente, Merceana, 0,79 € für 200 g.
So billige Chips habe ich nicht mehr gegessen, seit ich in die beiliegende Wanze gebissen hatte – another story. Keine Wanze diesmal, aber auch keine Offenbarung. Meine Gaumenhaptik ist verärgert: Wo bleibt das Kräckgeräusch? Auch geschmacklich eher in Richtung Paketschnur-suppe. So geht’s nicht – Platz 4
„A Tradição da Terra“, wieder von Jerónimo Valente, 1,15 € für 115 g.
Jerónimo probiert sich im Luxussegment: Eine Papiertüte als Schutz drüber, schon kostet’s dreimal mehr. Ich gebe zu, das Fett ist hier wahrscheinlich relativ frisch gewesen. Aber potztausend, neigen die schönen Scheiben etwa wieder zur Pappigkeit? Tatsächlich. Papiertüten sind wohl Jerónimos eigentliches Gewerbe – Platz 3.
„A Saloinha“ von A Saloinha aus Encarnação, 0,49 € für 90 g.
Diese Chips müssen der Marktführer sein, können sie doch als einzige auf eine eigene Website verweisen. Geschmacklich dann das, was man von einem neutralen Kleinstadt-Bürgermeister erwarten kann: Ausgewogenheit, Bodenständigkeit, schmeckt nach Kartoffel. Gut, das tut der Bürgermeister nicht – vermute ich jedenfalls – Platz 2.
„Pála-Pála“ von Matudis aus Linda-à-Velha, 0,99 € für 180 g.
Ein Kaspergesicht von 1972 auf der Tüte, Generation Rappelkiste, ich bin skeptisch. Allerdings völlig zu Unrecht: Im Erscheinungsbild schön dicke Scheiben, wenig Salz, puristisch. Dann aber kommt der süße, fette, volle Kartoffelgeschmack. Hurra, diese Fastenzeit wird verlängert! Platz 1.
Mein Fazit: Ich bin sehr einverstanden, nicht nur der Preise wegen. Alle Chips besaßen nur wenig Salz und waren deshalb auf die Qualität des Kartoffelgeschmacks umso mehr angewiesen. In allen waren an Inhaltsstoffen nur Kartoffeln, Pflanzenöl und Salz – und alle stammten aus der unmittelbaren Nähe von Lissabon. Ob das Zufall ist, Chips in Portugal immer nur um den Schornstein herum verkauft werden oder das Lissaboner Umland das Kartoffelparadies schlechthin ist, vermag ich nicht zu sagen. Nur eins vielleicht noch, um die allzu große Euphorie ein wenig zu dämpfen: Einzig „Pála-Pála“ lässt sich mit internationalen Hochkarätern wie den englischen Chips vergleichen. Die anderen bewegen sich doch eher auf Zweitliga-Niveau. Vor allem bei den physikalischen Eigenschaften der Scheiben bleibt noch eine Menge Platz nach oben. Diese feine Kritik sei mir als diplomiertem Chipsologen gestattet. Als Fastenspeise erfüllen sie ihren Zweck aber allemal.