Türkischer Wein: Kayra Buzbağ Rezerv 2006

Wiederum Hand aufs Herz, liebe Freunde: Wie viele von Euch haben schon einmal bewusst eine Cuvée aus den Rebsorten Öküzgözü und Boğazkere getrunken? Unbewusst hat das wahrscheinlich schon ein paar Mal stattgefunden. Diese beiden anatolischen Rotweintrauben sind nämlich vorgeschrieben für einen klassischen Buzbağ, und diesen gibt es relativ häufig in besseren türkischen Restaurants. Als es das hochgelobte Bizim in Köln noch als Restaurant und nicht nur als Metzgerei gab, habe ich dort den ersten guten türkischen Wein meines Lebens getrunken, einen Buzbağ.

Nun sollte man allerdings nicht überstark jubilieren, es gibt den Buzbağ auch gelegentlich in den unteren Regalregionen bestimmter Supermärkte für 3,99 €. Der Name ist dabei, wie leider so oft, kein Indiz für Qualität. Diesmal sollte es aber nicht komplett schief gehen. Vergessen ist der plumpe “Anfora” von vorgestern, hier steht die moderne Türkei im Glas. Die Familie Kayra hat nichts unversucht gelassen, um den türkischen Mittel- und Hochklasse-Markt zu stürmen: In Ostanatolien wurden zwei Kellereien gewonnen, die die offenbar vertraglich beschafften Trauben ausbauen und lagern können. Das ist zum einen die Kellerei von Elazığ mit einer Kapazität von 48.000 hl pro Jahr und zum anderen die Kellerei Şarköy mit einer Kapazität von knapp 45.000 hl pro Jahr – so berichtet jedenfalls die Website von Kayra. Für die technischen Feinheiten wurde ein Önologe von Rang engagiert, der Amerikaner Daniel O’Donnell, mit 50 Lenzen keiner mehr, der die ganze Welt revolutionieren möchte. Jetzt aber zum Wein:

Peter Moser hat dem Wein in seinen sehr lesenswerten Notizen 87 Punkte gegeben, und so ähnlich sehe ich das auch – auf einer anderen Skala, versteht sich: Farblich ist der Wein relativ dunkel mit blassem Rand, so ein wenig die leichtere Rhône-Richtung. In der Nase dominieren rote Beeren, also Brombeere, Johannisbeere, deutlich Unterholz, ein bisschen zu viel Alkohol und strauchige Noten, trockenes Geäst sozusagen. Am Gaumen finde ich den Wein spontan zu marmeladig oder vielmehr geleeig, Brombeer-Gelee. Aber mit Kernen, denn Tannine und durchaus spürbare Säure versprechen ein längeres Leben, als die Frucht es zunächst suggeriert. Dieser Wein ist eine eindeutige Steigerung gegenüber dem plumpen Anfora, aber okay, das war auch nicht schwer. Was ich ihm zugute halte, ist seine angenehm ausgewogene Art, alle Rotwein-Elemente sind da. Was ich ihm entgegen halte, ist die leicht marmeladige Internationalität. Da mögen die Tannine noch so lang halten, wenn die Frucht erst einmal weg ist, wird die Struktur fehlen. Dieser Buzbağ erinnert mich an einen ordentlichen südafrikanischen Pinotage, nicht mehr, nicht weniger.

Weitgehend zufrieden, aber ohne Jubelanfälle vergebe ich folgende Punkte: 5 für Eleganz, 5 für Charakter, macht 13 MP insgesamt. Bei einem Preis von etwa 17 € ist das nicht wirklich toll, aber ich will nicht meckern. Top-Essensbegleitung für diesen Rotwein ist übrigens, man traut es sich kaum zu sagen, ein anständiger Döner Kebab, aus Rindfleisch natürlich. Oder aber ein ebenso anständiges türkisches Bauernfrühstück in der Abendstunde.

P.S. Um Peter Moser und seine Verkostungen nicht zu doppeln (wäre ja irgendwie albern), versuche ich, nach diesen Anfangsorientierungen jetzt an etwas abgefahrenere Sachen aus der Türkei heranzukommen. Der erste Schritt ist schon getan: Ich habe heute nämlich noch einen anderen Wein gekauft, einen Weißen von einem sehr spannenden Projekt an der türkischen Ägäisküste. Dazu aber mehr beim nächsten Mal.

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1 Antwort zu Türkischer Wein: Kayra Buzbağ Rezerv 2006

  1. Tufan sagt:

    Hallo,
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    Tufan Topcu

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