Als ich vor etwa einem Monat in Berlin bei den Hammers war und Jürgen gefragt habe, welchen spannenden Wein er denn in letzter Zeit getrunken hätte, hat er mir spontan diese Flasche in die Hand gedrückt: LandArt Riesling trocken 2009 aus Franken, keine Lagenangabe, 12 €. Dem Preis nach also kein popeliger Gutswein, sondern schon irgendwas Besonderes. Aber was? Der Nebel möge sich lichten.
Gut, so schwierig war es dann nicht, mehr darüber zu erfahren: Ein junges Ehepaar aus Franken, sie Diplom-Geographin, er Diplom-Önologe, beschließen, ihre Vision von einem möglichst naturnah erzeugten fränkischen Wein in die Tat umzusetzen. Jawohl, in jener Weinbauregion, in der der Bocksbeutel für Qualität bürgt und Spontangärung als seltsamer Spuk gilt (außer vielleicht bei den Luckerts). Die Lage, in der unser Winzerpärchen vor wenigen Jahren ihre ersten Schritte unternahm, war auch nicht dazu angetan, überregional die Weinkenneraugen zum Glitzern zu bringen. Das Mainstockheimer Hofstück, auf der rechten, westlichen Mainseite zwischen Dettelbach und Kitzingen gelegen, hatte wohl noch nie in den vergangenen Jahrhunderten einen Spitzenwein hervorgebracht. Übermäßig ausgedehnt auf 85 ha, zwischen westmainischem Muschelkalk, ostmainischem Keuper und dem Lehm der Flussaue gelegen, bot der Lagenname auch irgendwie zu wenig Wiedererkennungswert, weshalb die Stintzings (aha, so heißen die Winzer) darauf verzichteten, ihn auf dem Etikett gesondert zu nennen.
Die ersten Gehversuche mit unterschiedlichen Silvanern hatte ich in den vergangenen Jahren schon mit mal mehr, mal weniger Freude mitverfolgt. Das Jahr 2009 brachte jedoch eine entscheidende Neuerung, nämlich den Jungfernjahrgang des Rieslings. Und hier ist er, ja, natürlich zu jung, aber irgend jemand muss ihn ja mal aufmachen:
Öha, eine erstaunlich kräftige Farbe, wesentlich dunkler als erwartet. In der Nase (ich habe den Wein kurze Zeit dekantiert), steigt eine verblüffende Anmutung der Süße empor. Fast muskatig, Traubenkerne, das hätte ich nie für Riesling gehalten. Am Gaumen zischt zunächst eine zitronige Säure, die frisch und knackig wirkt. Etwas hefig und unfertig scheint der Wein noch, aber das ist auch kein Wunder bei dem Alter, in zwei Jahren wird das anders aussehen. Das Dekantieren nivelliert natürlich peu à peu diese jugendlichen Noten und gibt viel Saft preis und auch viel Aroma. Fast geht das Ganze in die Litschi-Richtung mit einem sehr feinen Bodenstaubaroma statt Fels.
Und dann fällt es mir wieder ein: Hatte ich nicht neulich den Terroir-Verfechter Reinhard Löwenstein im Glas? Schlimm wär’s, seinen Wein selbstverständlich. Dies hier ist Terroir pur! Die Rebsorte tritt gegenüber dem wahnsinnig typisch fränkischen Geschmack deutlich in den Hintergrund. Wer noch niemals einen fränkischen Wein getrunken hat, vom Riesling aber nicht lassen mag, der sollte diesen hier probieren. Wie gesagt, leicht muskatig, heller Bodenstaub, feine Säureadern. Nie würde ich behaupten, dass das hier ein übergroßer Wein sei, der in das Olymp der größten Rieslinge gehört. Aber ich bin begeistert von der Natürlichkeit, von der Unmittelbarkeit des Herkunftscharakters. Es gibt auch in Deutschland noch Entdeckungen zu machen, nicht so zahlreich zwar, aber immerhin. Nach dem mineralischen Pinot Noir der badischen Freaks Enderle & Moll, dem pfälzischen Kristallbach-Silvaner vom Weingut Odinstal und der unbekannten Größe Disibodenberg des Nahe-Weinguts von Racknitz ist hier schon wieder ein extrem spannendes Terroir-Produkt im Glas. Weinfreunde, bleibt nicht bei Euren sicheren Werten, unterstützt solche Winzer, sie werden es uns danken. Dann kommt auch die Finesse, garantiert.
Meine Punkte: 5 für Eleganz, 7 für Charakter, macht 15 MP.
Hallo Matze,
das Hofstück ist für Riesling keine besonders geeignete Lage. Ich habe noch zwei Silvaner von LandArt im Keller. Einen “Erdrauch” und den “einfachen” QbA von LandArt.
Vielleicht findet sich eine Gelegenheit, die zusammen zu probieren?
Schönen Gruß!
Ich habe schon an Dich und Deine Silvanerprobe denken müssen, denn natürlich habe ich in Nancy interessante elsässische Silvaner gefunden – allerdings trotzdem nicht gekauft, die Tasche war schon voll genug. Ich hatte die LandArt-Silvaner schon mal sehr jung getrunken, und da hatte ich das Gefühl, genau deshalb einen kleinen Fehler gemacht zu haben. Welchen Jahrgang hast Du denn?
Nächste Woche fahre ich nach Franken, bin schon gespannt, was sie mir dort auftischen werden!