„Das weiß ein jeder, wer’s auch sei – gesund und stärkend ist das Ei!“ So reimte schon Wilhelm Busch und wusste damit mehr als all die neuzeitlichen Forscher, die dem Verbraucher erklärt haben, dass ein Ei zu viel schädliches Cholesterin enthalte und prinzipiell aus Gesundheitsgründen eher zu meiden sei. Am besten sei ja ein „Voll-Ei“ aus dem Tetra-Pack, sicher und hygienisch verpackt, mit möglichst wenig Dotter. Mich entsetzt es, wenn ein Grundlebensmittel wie das Ei so diffamiert wird. Der Kreuzzug der verarbeitenden Lebensmittelindustrie gegen das Ei soll jedoch nicht das Thema meines Gastartikels sein, hat aber mit dem Genuss von Enteneiern zu tun.
Mein Herz schlug höher, als ich vor einigen Tagen im englischen Supermarkt „Waitrose“ neben den Hühner- und Wachteleiern auch frische Enteneier vorfand, kurz EE genannt. In meiner Kindheit hatten wir sie manchmal von unserer Eierbäuerin untergejubelt bekommen, wovon meine Mutter nicht immer begeistert war. In den letzten Jahren habe ich EE lediglich in chinesischen Restaurants gegessen, als Tausendjährige Eier (bei sachkundiger Herstellung eine Köstlichkeit!).
EE sind größer und haben einen höheren Dotteranteil als Hühnereier, weshalb sie besonders gut fürs Backen geeignet sind. Die von mir erworbenen Eier stammen von einer Entengattung, die weißschalige Eier legt. Es gibt EE aber auch mit grünlicher Schale.
Ich habe die Enteneier aus Neugierde erst einmal gekocht und in zwei Hälften geschnitten, damit ich sie besser mit einem Hühnerei vergleichen konnte. Das Eiweiß des EEs war weißer als das des Hühnereies, das Dotter gelber. Die Struktur des Eiweißes und des Dotters erschien mir insgesamt cremiger als die des Hühnereies. Der Geschmack unterschied sich meiner Meinung nach nicht gravierend: Das EE schmeckte etwas krautig-pflanzlicher als ein Hühnerei, was wahrscheinlich auf die unterschiedliche Fütterung der Tiere zurückzuführen ist.
Erst bei genauerer Inspektion der Verpackung fiel mir der Hinweis auf, dass EE immer acht Minuten gegart werden müssen, bevor man sie verzehrt. Dies schreibt die „Verordnung über Enteneier“ (Jahrgang 1954…) aus dem Lebensmittelgesetz so vor, da EE (angeblich) eine höhere Salmonellenanfälligkeit als Hühnereier haben. Enten schmutzen mehr, so ist die Erklärung, und haben viel mit dreckigem Wasser zu tun. Sicherlich, mit Salmonellen ist nicht zu spaßen. Aber dass EE deswegen so dermaßen aus der Mode gekommen sind, ist damit keinesfalls zu rechtfertigen.
Schade, dass es EE in Deutschland selten zu kaufen gibt. Ich liebe Abwechslung und dies gilt auch für meinen Eierappetit. Während unseres England-Aufenthalts werde ich dafür sorgen, dass immer eine Packung EE in unserem Kühlschrank zu finden sein wird! Immerhin ist die Tradition der EE in England noch nicht ganz untergegangen, denn es gibt sie sowohl in den gehobenen Supermärkten als auch auf dem Markt zu kaufen. Ihr Preis liegt etwas höher als der von Hühnereiern, jedoch sind die Eier auch größer und werden in nicht in so großer Masse abverkauft. Köstlich machen sie sich als Begleiter zu geräuchertem Wildlachs, zu Nordseegarnelen oder zu gebratenem Schinken. Und ihr wisst schon: Zu Entenei allenfalls Champagner trinken!
Die Autorin ist amtierende Eierkönigin und hat in ihrem Leben bereits 18.250 Eier mit größtem Genuss verzehrt.