“Sie war Animiermädchen und Kellnerin in der Bar ‘Rheingold’, die in seliger Erinnerung an das Berliner Rheingold so benannt war, in dem viele der 600 Japaner, die ständig in Berlin weilten, zu Tanz, Tee und Liebe aufkreuzten. Das japanische ‘Rheingold’ lag in einer Parallelstraße zur Ginza, der Hauptstraße Tokios, und der deutsche Wirt Ketel führte als Spezialität deutsches Bier und Eisbein mit Sauerkraut. In der gleichen Straße war die Fleischerei und später das große Restaurant des alten Tsingtau-Kämpfers Lohmeyer, in dem es vom Baumkuchen und vom Lübecker Marzipan bis zum Berliner Pfannkuchen alles gab. Die Deutschen hatten sich in dieser Sparte so bewährt, daß das Vergnügungsleben auch nach dem Erscheinen MacArthurs bald wieder fest in deutscher Hand war.” Continue reading
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Mitten im Anlauf: mein persönlicher Jahresrückblick 2014
Es gibt Jahre, an denen man das Gefühl hat, gar nicht so recht von der Stelle zu kommen. In denen das Ziel zwar einigermaßen bekannt ist, aber irgendwie immer noch viel zu weit weg erscheint, schier unerreichbar. Dabei merkt man gar nicht, dass man sich schon mitten im Anlauf befindet, die Ablaufmarke gut ausgemessen, Geschwindigkeit und Schrittlänge stimmen. Als ich gestern mit diesem Jahresrückblick begonnen hatte, dachte ich doch allen Ernstes, dass ich im Jahr 2014 irgendwie gar keinen Schritt vorwärts gemacht hätte. Gut, an dieser miesepetrigen Einschätzung mögen auch die letzten fünf Wochen mit ihren insgesamt elf Sonnenstunden Schuld gewesen sein, die Nürnberg mithin nur halb so viel Sonne beschert haben wie Reykjavik, der isländischen Hauptstadt nahe des Polarkreises. Es ist nämlich schon einiges passiert in 2014, was mir selbst hiermit bewiesen wird. Continue reading
Wein aus Japan: Complete Respect DeLa Soul
Nördlich des Zentrums von Tokyo gibt es ein Stadtviertel nahe der Bahnstation Nippori, von dem man sagt, dass es sich den Charakter alter Zeiten erhalten habe. Es heißt Yanaka. Die Hauptstraße wird mit einem Augenzwinkern als Yanaka Ginza bezeichnet. Die “echte” Ginza ist Tokyos Haupteinkaufsstraße mit den Flagship-Stores internationaler Modedesigner, aber für die Bewohner von Yanaka hat ihre eigene Ginza halt eine ebenso große Bedeutung, auch wenn man dort eher Tee, Haushaltswaren und mittlerweile auch ein paar touristische Andenken kaufen kann. Nur wenige Schritte abseits der Yanaka Ginza habe ich bei Nodaya den Wein erstanden, den ich Euch heute vorstellen möchte. Und der ist ebenso weit von einem Globalwein-Standard entfernt wie die Yanaka Ginza von ihrer berühmten Schwester. Continue reading
Tokyo Food Diary – In der Schneckenbratbar
An meinem letzten Abend in Tokio wollte ich noch irgendetwas Besonderes essen. Etwas, das ich später in Nürnberg nicht mehr würde essen können. Gut, unter dieser Prämisse hätte ich natürlich überall hingehen können, denn es gibt wahrscheinlich in ganz Franken kein Etablissement, das auch nur eine herzhafte Ramen ausschenken dürfte. Wir sind also nach Einbruch der Dunkelheit in die Gegend westlich des Bahnhofes Shinjuku gegangen, das (von mir) so genannte “Kantinenviertel”. Aber – zum ersten Mal bei meinem Tokio-Aufenthalt wurden wir bei dem Betreten eines Restaurants abgewiesen. Warum? Continue reading
Tokyo Food Diary – Grenzen verschieben mit Gopchang
Japan ist kein Land, in das man fährt, um dann möglichst alles genau so zu haben wie zu Hause. Japan ist auch kein Land, in dem sich Reisende wohl fühlen, die zu der Sorte “kontrollierter Esser” gehören. Die also bereits in der Heimat ihre Umgebung damit nerven, dass sie immer genau die Bestandteile ihrer Mahlzeit kennen müssen (weil sie x und y nämlich prinzipiell nicht essen). Allerdings werden neugierige Esser wie ich dank ihrer Experimentierfreude gelegentlich auch mal auf die Probe gestellt. So wie diesmal, als ich einfach auf einen Zettel an der Wand des kleinen Ess-Schuppens deutete. Dort befanden sich Schriftzeichen, ein nicht zu niedriger Preis und zwei Herzen, was mich glauben ließ, hiermit die “romantische Platte für Verliebte” gewählt zu haben. Continue reading