Yves Leccia gehört zu den großen Winzern der durchaus spektakulären Mittelmeerinsel Korsika. Dennoch bin ich mir gar nicht so sicher, ob viele von euch schon von ihm gehört haben. Weine aus Korsika (außer Le Corsaire vielleicht, der ab und zu im Supermarkt auftaucht) sind nämlich hierzulande gar nicht so leicht zu bekommen. Yves stand nach seinem Önologiestudium vor der Entscheidung, eine internationale Ausrichtung einzuschlagen – oder auf seine Heimatinsel zurückzukehren. Er tat letzteres, nahm dann aber schon in jungen Jahren offizielle Posten an wie den des AOC-Präsidenten, was ihm Bekanntheit und Einfluss verlieh. Was er aber zeitlich nicht mehr einrichten konnte, war seine musikalische Karriere. Ursprünglich war Yves nämlich Mitglied des Vokalensembles A Filetta. Wer diese faszinierend altertümliche polyphone Musik nicht kennt, unbedingt mal anhören!
Yves Leccia Patrimonio 2018 – Rosé aus Korsika
Aber zurück zum Wein: Im Jahr 2004 gründete Yves Leccia sein eigenes Weingut, getrennt von dem seiner Familie, das seine Schwester Annette als Domaine Leccia weiterführte. Er übernahm einige Reben seines Vaters, kaufte andere hinzu und etablierte seine Weine innerhalb kurzer Zeit sehr erfolgreich in Frankreich. Mittlerweile sind die beiden Weingüter aber wieder enger miteinander verbunden, denn Lisandru, der Sohn von Yves und seiner elsässischen Ehefrau Sandrine, ist bei seiner Tante Annette eingestiegen. Komplex sind sie vermutlich schon immer gewesen, die familiären Beziehungen der Insulaner im Allgemeinen und der Korsen im Speziellen. Lustigerweise ist die Geologie der Region ebenso komplex, wie man an der farbklecksartigen Karte der Domaine Leccia (Annette & Lisandru, remember?) erkennen kann. Hier in der Lage E Croce besteht der Untergrund hauptsächlich aus kalkigem Lehm über einem Schiefersockel.
15 ha nennen Yves und Sandrine mittlerweile ihr Eigen, 6 ha in E Croce und 9 ha in Partinelone. Drei Linien gibt es im Prinzip. Eine folgt den AOC-Bestimmungen von Patrimonio, eine andere, als YL bezeichnet, ist als Landwein darunter angesiedelt. Und dann gibt es noch die Cuvées Patrimoniales, die alte Rebsorten wie Minustellu oder Biancu Gentile enthalten. Interessanterweise sind diese uralten korsischen Rebsorten nicht (oder zumindest nicht reinsortig) in den AOC-Weinen zugelassen. Das führt zu der absurden Situation, dass etliche Winzer ihre besten Weine mittlerweile oft als Vin de France auf den Markt bringen. Hier haben wir jedoch einen klassischen Rosé aus Patrimonio vor uns. 80% Niellucciu (= Sangiovese), 20% Grenache.
Wie schmeckt der Wein?
Rosé ist ja in aller Regel eine relativ technische Angelegenheit, früh gepresst und ordentlich filtriert, damit die Farbe auch stimmt. Dieser Wein ist zumindest in dieser Hinsicht keine Ausnahme. Soll heißen: Wir haben hier keinen vin naturel im engen Sinne vor uns, sondern einen ziemlich unwilden Biowein. Allerdings gibt es gewisse Eigenheiten. Handlese ist Pflicht, und die Trauben werden auch nicht entrappt. Yves schätzt Klarheit und Frische in seinen Weinen, weshalb er die malolaktische Gärung nicht zulässt und die Weine im Stahltank ausbaut. Letzteres gilt auch für die Roten, bis auf die Spitzencuvée Era Ora.
Einen Naturkork besitzt der Leccia-Patrimonio, und farblich gibt es ein helles Orange-Rosé. In der Nase wirkt der Wein ziemlich zart. Roter Pfirsich mit Schale ist zu spüren, dazu leicht Erdbeeren, aber insgesamt bleibt es dezent. Am Gaumen ist eine recht hohe Viskosität zu spüren; immerhin hat die südliche Sonne für 13,5 vol% Alkohol gesorgt. Aromatisch ist dann erstaunlich wenig Primärfrucht am Start. Es gibt viel Würze, weißen Pfeffer, Macchia-Kräuter, aber alles nicht aufgesetzt, nicht penetrant und auch nicht anstrengend. Der Wein fließt elegant dahin, ähnelt viel mehr einem Weißen als einem Roten und entpuppt sich als vorzüglicher Speisenbegleiter.
Bei der großen und fantastischen Rosé-Probe letztes Jahr war Yves Leccia nicht dabei, aber der Wein hätte durchaus gepasst – gerade zum Essen in der Probenmitte. Köfte, Merguez, Couscous, Wassermelonen-Salat, Auberginen-Auflauf, Sardinen vom Grill – das ist die Welt des E Croce-Rosés.
Wo habe ich ihn gekauft?
Ich hatte ja schon geschrieben, dass richtig gute korsische Weine hierzulande nicht so leicht zu bekommen sind. Deshalb war ich froh, diesen Wein bei Lobenberg im Programm zu finden (ich habe noch den 2018er genommen, mittlerweile ist der 2019er im Angebot). Allerdings gab es im Shop zu Corona-Zeiten gewisse Verzögerungen, weshalb ich drei Wochen lang auf meine Lieferung warten musste. 17,50 € kostet der Patrimonio dort, was natürlich nicht wenig für einen Rosé ist, aber absolut angemessen für einen guten Korsenwein.
In Frankreich selbst sind gute korsische Weine natürlich nicht so selten, aber suchen muss man sie dennoch. Falls ihr zufällig mal in Paris seid, im New Cave in der Nähe der Grands Boulevards hatte ich letzten Dezember eine sehr gute Auswahl gefunden. Die besten korsischen Weine, die ich ganz subjektiv je getrunken habe, waren übrigens jene von Jean- Charles Abbatucci. Seit Jahren Demeter und auch ansonsten sehr naturnah produziert, wären sie sogar noch besser für den Natürlichen Dienstag geeignet als die Weine von Yves Leccia. Allerdings befinden wir uns da auch in preislichen Sphären, die sich peu à peu der Dreistelligkeit annähern. Begnügen wir uns an diesem Dienstag also mit einem Rosé, der ganz so bescheiden ja auch nicht ist…
Wir waren ca, 4 mal auf Korsika in Urlaub mit Kontakt zu Einheimischen d.h. Fewo bei selbigen. Wir haben immer ganz tolle Weine mitgenommen, die uns auch zuhause geschmeckt haben. Es ist schon ein paar Jahre her, deshalb habe ich keine Erinnerung an die Weingüter. Jedenfalls aus dem Norden der Insel.