Hatte ich den Sommer 2015 eigentlich schon als “offiziellen Sommer des Alpenvorlands” ausgerufen? Mir ist so, als wäre diese Bezeichnung nie passender gewesen als in diesem Jahr. Kein Salzburger Schnürlregen, sondern wunderbar milde Sommernächte. Trocken zwar auch für die Gegend, aber nie so heiß wie woanders, so steppenhaft wie in Leipzig oder so drückend wie in Karlsruhe. Eigentlich wäre ich an diesem Ausflugstag sogar mit einem mediokren Schweinsbraten zufrieden gewesen.
Allein, es sollte nicht sein. Als wir Punkt 12 Uhr mittags durch das an sich wenig bedeutende Örtchen Ebbs nördlich von Kufstein fuhren, boten sich dort gleich zwei Gasthöfe nebeneinander für die Einkehr an, der Oberwirt und (konsequenterweise) der Unterwirt. Der Unterwirt hatte einen Parkplatz im Schatten, also war die Wahl gefallen.
Der Garten, weitab von der durchaus befahrenen Straße, machte auch einen sehr netten Eindruck: ein kleines Brünnlein, alle Tische beschattet und weit genug voneinander entfernt. Beim Blick auf die Karte wurde dann durch ein bisschen Name-Dropping klar, dass das hier alles kein Zufallsprodukt ist: Falstaff, Gault Millau, slow, regional. Das Menü wäre mit Sicherheit auch sehr ansprechend gewesen, aber wir entschlossen uns für eine Hauptmahlzeit von der Karte.
Kurz darauf kam der original K.u.K.-Ober und brachte das Amuse Gueule. Klares Highlight: das sumpfig-grün gefüllte Schüsselchen mit irgendeiner sehr fein abgestimmten Kerbelzubereitung.
Fast ein wenig übertrieben bei einem Gericht für weniger als 20 € kam es mir vor, als ebenfalls unbestellten Vorspeisengang auch noch ein kleines Ochsenschwanzsüppchen auf den Tisch zu bekommen. Immerhin, wenigstens hier Abzüge in der Haltungsnote dank des schaumig-gestrigen Gewabers.
Wieder Jubel dafür beim Anblick der ganz klassisch österreichischen Spezialität. Ich weiß gar nicht, wie lange ich keinen Tafelspitz mehr gegessen hatte.
Und wie lange keinen richtig guten Apfelkren, der nicht etwa zerrt und beißt, sondern schön pikiert und amüsiert. Dazu gab es einen gut gereiften offenen 2006er Blaufränkisch von Ernst Triebaumer. Noch einen koffeinhaltigen Absacker, den Geldbeutel gezückt und gar nicht so stark geleert, schon ging es nach dieser äußerst angenehmen Mittagspause wieder weiter.
So schaut das Inntal übrigens aus, wenn Autobahn und Lagerhallen am Horizont und hinter Bäumen verborgen bleiben.
Und das gefällt mir auch besonders: leicht wilde Bauerngärten mit Blumen und Gemüse, ohne Heckenschere, Zirkel und Glyphosat.
Mittlerweile hatte es einen kleinen Duscher gegeben, zehn Minuten nur, und danach dampfte es aus den Wiesen. Ein heimischer Kater beschloss, die abendliche Spazierrunde mitzumachen. Schöne Ausblicke gab es an vielen Ecken, wobei meine Aufmerksamkeit primär der alten Eiche galt, während das Katzentier bestimmt ebenso interessante Dinge entdeckt hatte.
Ganz zum Schluss noch eine kleine Runde schwimmen im See, das Wasser so spiegelglatt, dass man sich kaum traut, den Fuß Kreise bildend hineinzutunken. Und was das Allerschönste ist: Nächstes Wochenende bin ich schon wieder da. Als hätte ich es geahnt, dass der “Große Wegfahrurlaub” in diesem Voralpen-Traumsommer nur ein störendes Element sein würde.
Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah, nicht wahr? 🙂 Ich für meinen Teil habe jetzt nach dem Anblick deiner Bilder definitiv Hunger und trotte mal in die nahe Küche, in der ich vermutlich ohne Aufwand nicht so appetitlich dreinschauende Dinge finden werde. Dafür regnet es hier gerade – eine kurzzeitige Kampfansage an die Sommerhitze.
Liebe Grüße aus dem Harz
Ida
Naja, so reichlich ist der Kühlschrank hier momentan auch nicht gefüllt. Ich habe heute einen kleinen, mit Mirabellenschnaps eingeriebenen Stinkekäse gekauft, um damit morgen im Wald – Schmetterlinge anzulocken 🙂 ! In England haben sie das mit einer lieblich duftenden Fischpaste aus Ghana gemacht, da habe ich mir gedacht, das kann ich auch.
Hier sind für die nächsten 14 Tage zwölf über 30 Grad und zwei darunter angesagt – beide mit 29 😉 Ich weiß noch nicht so recht, ob ich’s tatsächlich glauben soll, aber mal abwarten…