Eigentlich wollte ich Euch nicht schon wieder mit einem Marktartikel langweilen, und eigentlich neigt sich mein Asien-Aufenthalt jetzt wirklich ganz stark dem Ende zu. Aber was helfen die ganzen Vorsätze, wenn man völlig zufällig auf einen Markt geworfen wird, den ich Euch nur wärmstens ans Herz legen kann? Seine Koordinaten: leicht mit dem Bangkoker Skytrain zu erreichen, weit weg von Touristenmassen, alles da von Gewürzen über Fisch und Gemüse bis zum Marktrestaurant, sehr traditionsverwurzelt wirkend und trotzdem ohne Fremdeln zu besuchen. Nun bin ich sicher nicht der erste Westler, der sich auf diesem Markt herumgetrieben hat, aber zumindest während meines Besuches der einzige.
Manchmal komme ich ja spontan auf solche Ideen wie “was wäre, wenn ich einfach in der Bahn sitzen bleiben und bis zur Endstation mitfahren würde?”. Genau das hatte ich schon in Kuala Lumpur gemacht, als ich mit dem Pendlerzug bis nach Port Klang mitgefahren war. Ein schöner Name, dachte ich, und sicher am Meer. Nach anderthalb Stunden Hinfahrt bekam ich zwischen rumpeligen Hafenanlagen mit hohen Zäunen einen kurzen Blick auf die Straße von Malakka zu sehen, bevor ich dann wieder anderthalb Stunden zurückgefahren bin. Diesmal lief es aber besser.
Ich bin also einfach im Skytrain sitzen geblieben und bis zur Endstation Wongwian Yai mitgefahren. Das liegt auf der anderen, der “falschen” Flussseite im Süden der Altstadt. Für meine Bangkok-Kollegen klingt das so, als würde man in Köln aus touristischem Interesse nach Porz gefahren sein. Also kein Ort des Schreckens und der großen Gefahr, aber auch keiner, an dem man irgendetwas von Belang erwarten könnte. Um den Markt auf der Thanon Chanoen Rat zu erreichen, geht Ihr am besten von der Skytrain-Station eine recht schmale Straße, die Soi Saraphi, strikt nach Norden (also 90 Grad nach rechts von der Einfahrt aus gesehen). Nach etwa 400 Metern tut sich linkerhand der Eingang zu einer Marktpassage auf, wobei sich der Markt sowohl in der Halle als auch außerhalb auf der Straße abspielt. Ab jetzt braucht Ihr keinen Wegweiser mehr. Aber vormittags solltet Ihr kommen, weil zumindest die Frischware gegen Mittag meist abgeräumt wird.
Schaut einfach, was ich auf diesem Markt alles gefunden habe. Die Bilder habe ich etwas größer gemacht, denn diesmal soll es eher um den visuellen Eindruck gehen. Geräusche und Gerüchte denkt Ihr Euch bitte dazu.Der erste Teil der Markthalle besteht aus dem sogenannten “Wet Market”, und hier empfiehlt es sich wieder mal, Sandalen zu tragen und keine am Boden entlang schlürenden Hosenbeine. Wäre ich nicht schon auf dem großartigen Fischmarkt von Colombo gewesen, hätte ich sicher hier auch wieder die Händler mit meinen Fragen nach den verschiedenen Fischen wild gemacht. Die Jungs vom Großfischstand auf dem linken Bild hatten zur fortgeschrittenen Uhrzeit schon gut abverkauft. Kein Wunder, die Kunden sind meist Restaurants, denn einen solchen Fisch wie das Exemplar auf dem Bild links unten legt man sich nicht einfach mal schnell in die Pfanne.
Natürlich gibt es wie auf jedem vernünftigen Markt auch hier eine “Esszone”, in der Suppen, frittierter Fisch oder gebratenes Huhn angeboten werden. Dazu gibt es nicht nur die üblichen Erfrischungs-getränke, sondern bei den drei Damen auch kühlende, erhitzende oder sonstwie stärkende Kräutergetränke aus chinesischer Tradition.
Wie eigentlich immer in Thailand ist auch der Markt von Chanoen Rat nicht unbedingt für empfindliche Naturen gemacht. Gut, dass Fischköpfe und Fleisch vom “quinto quarto” angeboten wird, wie die Italiener das so schön nennen, ist nichts Besonderes. Lebende Aale gibt es allerdings nicht auf allen Märkten, und Schildkröten hatte ich bislang wirklich nur sehr selten gesehen. Als Streetfood kommen diese Tiere vermutlich nicht zum Einsatz, aber in einigen Restaurants dürften sich hinter den nur auf Thai oder Chinesisch geschriebenen Gerichten derartige Spezialitäten verbergen.
A propos Spezialität: Ein älterer Herr hat mir aus seinem Korb etwas zu essen angeboten. Als ich gesehen habe, dass er es roh isst, habe ich natürlich auch gleich hineingebissen. Es handelt sich um eine seltsam gekrümmte, bohnenähnliche, tja, Frucht, Gemüse oder irgendetwas dazwischen. In der Schale stecken große weiße Dinger, die tatsächlich ein wenig nach frischen Erbsen schmecken, aber einen harten, schwarzen Kern besitzen. Ein paar dieser Kerne habe ich mitgebracht, vielleicht gedeiht diese Pflanze ja auch bei uns. Worum es sich handelt, konnte ich leider nicht herausfinden. Vielleicht wisst Ihr ja mehr…
Aus Begeisterung habe ich mir gleich noch zwei Handvoll schön anzusehender Pflaumen mitgenommen. Im Zimmer entpuppten sie sich – ich hätte es mir denken können – als saure Pflaumen, die zum ausgleichenden Aufpeppen bestimmter Gerichte und Suppen benutzt werden. So richtig viel konnte ich damit spontan nicht anfangen, aber es war auch eher als eine Art symbolisches Dankeschön an die Markthändlerinnen und -händler gedacht, die mir eine überraschend unterhaltsame Zeit auf dem Markt in der Thanon Charoen Rat beschert haben. Die nächsten Monate werde ich vermutlich nicht wiederkommen, aber falls jemand von Euch nur kurz in Bangkok weilt, dies ist ein Ort, an dem man schnell und komprimiert die wichtigsten kulinarischen Rohstoffe Thailands kennenlernen kann.
Hi Matze!
Ich bin vor Jahren auch mal auf einem spontanen Spaziergang durch Bangkok (so ähnlich wie Du es bei Deinem ersten Trip beschrieben hast) auf einen Markt geraten und war erstaunt, schockiert, aber dann doch irgendwie neugierig und die freundlichen Thais haben mir dann alle Hemmungen genommen und ich habe mir alles angeschaut, angefasst (die zum Teil lebenden Tiere aller Art 😉 ) und gegessen hab’ ich auch. War ein tolles Erlebnis.
Wann kommst Du den wieder zurück und viel wichtiger, wo geht es danach hin?
Genieß die restliche Zeit….
Jens
Na, da kannst Du ja froh sein, dass sie keine Piranhas angeboten haben, wenn Du alles angefasst hast ;).
Ich habe in etwa zwei Wochen meinen nächsten großen “Auftritt”! Da bin ich nämlich kaum zurück in Deutschland und fahre schon gleich wieder los zusammen mit Christoph von “Originalverkorkt” und Marqueee von “Allem Anfang…” – zur “Terres de Champagne”-Messe nach Ay. Nicht schlecht, oder ;). Aber momentan kommt mir das noch ziemlich weit weg vor. Okay, sind ja auch ein paar tausend Kilometer.
Bitte immer die großen Fotos, dein Blog sieht “um Häuser” besser aus dadurch! Wirklich tolle Fotos und ganz wichtig für mich, ich will nächstes Jahr nach Bagkok und sammle alle deine Berichte.
Oh, dankeschön. Ich muss zugeben, dass ich die Fotos vor allem deshalb nie so groß gemacht habe, weil ich ja diese Nichtbezahlversion von WordPress nutze. Und da wurde mir immer angezeigt, wie mein “Kontostand” runtergeht, wenn ich mal ein großformatigeres Bild genommen hatte. Ist aber vielleicht gar nicht mehr so…
Bangkok ist wirklich ungeheuer interessant, da wirst Du nicht enttäuscht sein. Aber man darf nicht zu kurz hier sein und dabei versuchen, zu viel reinzupacken (finde ich jedenfalls). Dann wirft einen das Klima nämlich um, und man hat gar nicht mehr Augen, Ohren und Nasen genug für alles ringsherum.
Diese sehr sauren Pflaumen sind mir auch in Malaysia aufgefallen und ich hab mir vorgestellt dass diese auch mit dem Ursprung der “Süß-sauren” Küche zusammenhängen… weiss nicht ob es tatsächlich so ist. In Melaka oder Malakka wird sehr oft die sogenannte Nyonya cuisine angeboten, die auch viel mit Tamarinde aufgepeppt ist und eine süß-saure Schärfe vorweist. Siehe hier (unten im Post) http://blindtastingclub.net/on-the-road/daytrip-to-melaka/ . Gruß und Kompliment wegen den schönen Bildern!
In den ganzen Straßenrestaurants in Bangkok bekommst Du immer ein Vierer-Set zum Würzen gereicht, wobei “Würzen” eigentlich nicht der richtige Begriff ist. Eins davon ist immer scharf (meist getrocknete Chillies oder eine entsprechende Sauce), eins süß, eins sauer und eins salzig-umami. Verblüffenderweise verwenden viele tatsächlich alle vier Zutaten, also auch Zucker oder Tamarindenpaste in die Nudelsuppe zum Beispiel.
Bei den Küchen hängt ja vieles miteinander zusammen. Nyonya ist doch glaube ich auch eine Mischung aus malayischer und chinesischer Küche, also von den “Strait Chinese”, oder? Und in Bangkok können bestimmt 70% der Bewohner auf irgendwelche chinesischen Vorfahren verweisen. Ich nehme also an, dass der Ursprung der ganzen süß-sauren Geschichte in Südostasien ursprünglich aus China stammt und dann mit lokalen Traditionen aufgepeppt wurde.
Übrigens ist diese Sauerpflaumen-Sauce der “Tkhemali” aus Georgien sehr ähnlich. Die hatte ich mal in einem russischen Supermarkt in Deutschland gekauft. Ist als Beigabe zu rotem Fleisch vom Grill wirklich sehr zu empfehlen!
Im südlichen Rumänien werden unreife Mirabellen zum säuern von Eintöpfen genommen.
Pingback: Merkwürdige Dinge, die mir auf meiner Asienreise begegnet sind (I) | Chez Matze
Die gesuchte frucht heißt auf Thai Makham thet – ist auf Wikipedia unter manila tamarind fruit zu finden …
…dankeschön, das nenne ich nun wirklich unverhofft! Deshalb blogge ich so gern, weil ich von meinen Leser/innen immer noch etwas lernen kann.
Die Frucht isst man entweder roh oder man bereitet süß-saure Drinks aus ihr – ohnehin der reinste Wunderbaum (http://www.winrock.org/fnrm/factnet/factpub/factsh/p_dulce.html).
Da Du Dich ja offenbar gut in der Kombination aus südostasiatischen und botanischen Dingen auskennst, wären vielleicht auch diese beiden Sammelsuriumsartikel von mir etwas für Dich:
http://chezmatze.wordpress.com/2012/05/01/merkwurdige-dinge-die-mir-auf-meiner-asienreise-begegnet-sind-i/
http://chezmatze.wordpress.com/2012/05/02/merkwurdige-dinge-die-mir-auf-meiner-asienreise-begegnet-sind-ii/