In wenigen Tagen muss ich raus auf der Wohnung, und das Leben aus dem Koffer beginnt. Während manche Sachen schnell noch am letzten Tag umzupacken sind, ist das mit den Vorräten so eine Sache: Wegwerfen ist oft zu schade, also lieber aufessen. Im hintersten Winkel des Vorratsschranks habe ich eine Packung namens “Gateau-Piment” gefunden. Inhalt: ein weißes Pulver. Hm.
Versprochen wird auf der Packung ein “Sunny Taste” wie auf der schönen Insel Mauritius, auf der ich allerdings noch nie war. Das Inhaltspulver soll man mit Wasser mischen, ein wenig gehackte Frühlingszwiebeln und Koriander hinzugeben, nach Wunsch noch etwas Chili – und dann das Ganze zu Bällchen formen und frittieren.
Los geht’s. Leider ist die Pampe nach dem rezeptgerechten Hinzufügen des Wassers (eine Tasse, müssen ziemlich kleine Tassen dort sein…) eine etwas dickere Suppe, da hilft auch das gehackte Grünzeug nichts. Ein Glück, dass ich noch ein paar gekochte Kartoffeln im Kühlschrank habe. Schnell zerkleinert und dazugemixt, schon stimmt die Konsistenz.
Was jetzt folgt, entsetzt wieder alle Puristen. Eine Friteuse habe ich ja nicht mehr seit meinem bedauerlichen Versehen mit der Herdplatte, und die richtige Temperatur wäre schon ganz schön. Ich schnappe mir also die Campingaz-Dose, schraube den Kocher auf und begebe mich – ins Badezimmer. Das ist der Ort, den man am besten von Fettspritzern säubern kann, schön viel Fläche in der Mitte. Fenster auf, und los geht das fröhliche Frittieren. Um ehrlich zu sein, funktioniert es erstaunlich gut, wahrscheinlich hätte sogar der Elektroherd gelangt, aber gut.
Nach etwa 20 Minuten habe ich eine Schale mit leicht fettigen, aber schön knusprigen …naja, Pflarren würde ich sagen. Was schmeckt jetzt zu diesem kalorienarmen Snack? Natürlich ein feines Bier, und zwar eins, das dem “Sunny Taste” auch entspricht. Da gibt es nichts Besseres als das La Rulles Estivale aus einer der besten belgischen Kleinbrauereien. In der Nase nach Heu und Sommerblumen, am Gaumen erfrischend, leicht und hopfig. Die Etiketten vom belgischen Illustrator Palix sind übrigens immer wieder super.
Farblich ist das Bier schön trüb, viel Hefe drin, die natürlich der belgische Biertrinker nicht aufschüttelt und zum Schluss ins Glas gibt, sondern beim vorsichtigen Einschenken in der Flasche belässt. Deshalb sollte man diese Biere auch immer stehend lagern, aber das nur nebenbei. Morgen wird die nächste Überraschung aus dem Vorratsschrank geholt. Ich habe auf jeden Fall noch Almogrote-Käseschmiere von den Kanaren und eingedoste Andouillette mit Camembert – not for the faint-hearted, würde ich sagen…
Guten Morgen, Matze, nach was haben denn die Bällchen geschmeckt? Waren die scharf? Oder wie schmeckt der sunny taste? Das mit dem Gaskocher finde ich ja abgefahren… 😉 Viele Grüße, yvonne75
Hallo Muffi und Yvonne,
der Artikel war zugegebenermaßen etwas launig und weniger inhaltsreich geschrieben. Natürlich wusste ich in etwa, was ich da mache. Diese mauritianischen “Pfefferkuchen” (denn so heißen sie ja übersetzt) sind eine Vermischung der indischen mit der kreolischen Küche. Hauptbestandteil ist Dholl, das sind zerriebene gelbe Spalterbsen (keine Kichererbsen), wie man sie in indischen Läden auch finden kann. Zwei Drittel der Bewohner von Mauritius stammen vom indischen Subkontinent, im 19. Jahrhundert von den Engländern angeworbene “Kontraktarbeiter”, ganz ähnlich wie in Surinam mit den holländischen Kolonialherren. Nach der Abschaffung der Sklaverei waren viele ehemalige Sklaven auf Mauritius oder auch in Surinam aus nachvollziehbaren Gründen nicht mehr bereit, auf den Ländereien ihrer ehemaligen “Master” zu arbeiten, weshalb sich die Kolonialregierung veranlasst sah – man wollte ja weiter Zucker in England essen, und Mauritius war praktisch eine Zuckerrohr-Monokultur – neue Arbeitskräfte anzuwerben, und zwar dort, wo viele verfügbar waren, nämlich in Indien.
Kleiner Exkurs, ich weiß. Dieses Fertiggericht, das ja nicht wirklich fertig ist, denn das Pulver besteht eben größtenteils aus verschiedenen Mehlen nebst getrocknetem Ingwer, Zwiebeln, Knoblauch und Anissamen, schmeckt später dann ein wenig wie die indischen Samosas mit Gemüsefüllung. Den originalen Touch hätte es bekommen, wenn ich die Möglichkeit gehabt hätte, die echten kreolischen “Peppers” zu bekommen, auch “Antillenpfeffer” genannt. Leider sind wir nicht in Paris, denn da habe ich diese Packung bei einem Händler in der Rue du Faubourg-Poissonnière im 10. Arrondissement gekauft. Ähnliche Sachen könnt Ihr auch in einem indischen Lebensmittelladen in Deutschland kaufen, vermutlich aber nichts aus Mauritius.
Viele Grüße, Matze
Na toll, Pulveressen! Irgendwie kochst du nur mit Fertigessen, selbst wenn es wo anders herkommt. Wo hast Du das denn herbekommen, wenn Du noch nicht einmal auf mauritius warst (auch das noch)? Ist nicht böse gemeint, die Muffi
Hab gerade mal das Rezept für meine gliebten Gateau Piment gesucht, und habe dann den Artikel gelesen.. ich bin wie es der Zufall so will mit einem halb-mauritianer verlobt, seine Mutter beherrscht die Mauritianisch eKüche natürlich Ausführlich.. eigentlich bin ich nicht so, aber die Dinger heißen nicht Pfefferkuchen, sondern Chilikuchen, Und sie sind richtig zubereitet echt lecker, von Samosas haben sie allerdings nicht sehr viel. Naja auf jeden Fall… lieber mal ohne Fertigproduktzubereitung essen, dann schmeckts auf jeden Fall sehr geil 🙂
Oh ja, das mit dem Pulver ist wirklich von vorgestern! Zum Glück ist das Leben ja inzwischen weitergegangen. Ich war im Dezember einen Monat lang in Paris und habe tolle Sachen aus dem Indischen Ozean essen können. Der nördliche Teil der Rue Faubourg Saint-Denis in Paris (kurz vor dem Gare de l’Est) ist ein echtes kleines Mauritianerviertel. Weißt Du wahrscheinlich schon, aber ich fand’s großartig, dort die ganzen Sachen mal “richtig” probieren zu können.