Nur ein kleiner Ausflug zu unseren Nachbarn und trotzdem eine andere (kulinarische) Welt: Wir waren auf dem Rückweg beim Albert Heijn XL in Maastricht vorbeigefahren, uns ein paar Leckerchen für den Abend mitzunehmen. Dass die Holländer ganz andere Essgewohnheiten als wir besitzen, wurde uns vor allem an drei proppevollen und dicht von Kunden umlagerten Regalen klar:
Im ersten befand sich Hagelslag, bei uns im Allgemeinen als “Schokostreusel” bekannt. Während ich mich daran erinnern kann, dass meine Mutter diese Streusel vor allem im Topfkuchen als Einlage verbackt, streuen sich die Holländer ihren Hagelslag aufs Butterbrot zum Frühstück. Bevor ich hier im Supermarkt war, habe ich das eher für eine folkloristische Mär gehalten, so wie Frau Antje in etwa. Aber nichts dergleichen! Menschen aller Alters-, Geschlechts- und Gewichtsstufen drängten sich um das Regal, um ihre Lieblingssorte zu finden. Nach dem Einkauf eines Achter-Testsets haben wir unsere Studien inzwischen abgeschlossen. Ergebnis: die klassisch Dunklen sind die besten.
Im zweiten Regal befanden sich Lakritzwaren in einer unglaublichen Fülle. Ich persönlich mag ja leider den Lakritzgeschmack nicht so, aber hier tat es mir fast leid. Es gibt harte, mittelweiche und ganz weiche, stärkere und mildere, solche in altertümlichsten Verpackungen aus traditioneller Herstellung genauso wie die Apekoppen mit einer Mischung aus Lakritz und schön künstlichem Bananenschaum. Wenn man in Deutschland und den Niederlanden unter Kindern eine Umfrage machen würden, wer gern Lakritz isst, wären das hier wohl kaum mehr als 20 Prozent, dort bestimmt so gut wie alle. Schon verblüffend, wie Gewohnheit den Geschmack prägen kann.
Im dritten Regal gab es allerlei Würzzubereitungen, Cremes, Pasten und Saucen aus dem, was einstmals das niederländische Kolonialreich war. Dazu gehören natürlich “Sambal Oelek” oder die Rendang-Paste aus Indonesien genauso wie Zimt und Süßholz (da sind wir doch bei den Ursprüngen des Lakritzhungers!). Für uns besonders exotisch sind Zubereitungen aus Surinam, und mit “uns” meine ich vor allem diejenigen, die noch nie Holland-Kontakt hatten. Ich habe mir dabei die gelbe scharfe Sauce mit “Madam Jeanette“-Pfefferschoten ausgesucht und zu Hause gleich ausprobiert:
Fleischstücke aus Huhn, wahlweise auch Schwein oder Tunfisch anbraten (Rind wird dabei meist zu zäh), gehackte Zwiebeln dazu, dann mit etwas Brühe ablöschen. Als nächstes kann man sämtliche Gemüsesorten hinzufügen, die sich hacken und stückeln lassen und die einigermaßen knackig sind. Bei mir waren das Schnippelbohnen und Erbsenschoten, nicht gerade typisch surinamesisch, aber okay. Als nächstes kommt ein gesamtes Glas “Madam Jeanette”-Sauce dazu, es soll ja nicht fad schmecken, dann eine Dose Kokosmilch, zu sehr brennen darf es nämlich auch nicht, dann gehackter Koriander.
Den Reis, den ich zwischenzeitlich habe köcheln lassen, kippe ich zum Schluss in den Topf dazu, Trennkost ist ja meine Sache nicht. Abschmecken nur mit Salz, Pfeffer sollte eigentlich genug drin sein. Zum Schluss mit Röstzwiebeln, den “Gebakken Uitjes” bestreuen, die übrigens auch als Snack zwischendurch munden, heiß servieren und ein mild-malziges Getränk dazu reichen, genannt Bier. Wer im Süden dahoam is, mag ein Bier im Stil eines Münchner Hellen bevorzugen, mild und nicht allzu geschmacksintensiv. Ich habe mich für ein “Bernsteiner Gold” der Uslarer Brauerei Haffner aus dem Solling entschieden. Ansonsten mag auch ein Einbecker Spezial, ein Duckstein oder ein Becks Gold genügen, alles unherbe Biere mit wenig Hopfen und viel Malz. Sowohl das Essen an sich als auch die getränkliche Begleitung haben übrigens ganz hervorragend gemundet. Toll, was so ein unspektakulärer Ausflug in einen holländischen Supermarkt alles an Anregung bieten kann!
Ich fahre auch abundzu nach Holland, nach Roermond zum Einkaufen. da gehe ich zum Schluss auch immer in einen AH zum Einkaufen, ich esse nämlich sehr gern Lakritz und kaufe dann einen ganzen Jahresvorrat, der aber längst nicht so lange hält 😉 ! Meine Tochter liebt übrigens den Hagelslag mit Fruchtgeschmack, mit dunklen Streuseln hat sie es nicht so. Es ist wirklich immer wieder toll, in “ausländischen” Supermärkten einzukaufen!
Ja, und nächsten Monat wird es noch viel besser! Da sind wir die ganze Zeit in England, und die Engländer sind bekanntlich auch sehr individuell, nicht nur aber auch was ihre Essgewohnheiten anbelangt.