“Aufbruch des trockenen Rieslings”: Weinprobe im Kameha Grand Hotel in Bonn

Als ich auf dem Weg zur Weinprobe in der Regionalbahn saß, stieg an irgendeiner rechtsrheinischen Hochhaussiedlung ein älterer Herr ein, leicht verwirrt offenbar. Er setzte sich hinter mich und begann zu singen. Nicht lärmend, sondern fein und akzentuiert, aber doch so laut, dass man es im ganzen Wagen vernehmen konnte. “Ich träumte von bunten Blumen, so wie sie wohl blühen im Mai; ich träumte von grünen Wiesen, von lustigem Vogelgeschrei, von lustigem Vogelgeschrei… Und als die Hähne krähten, da ward mein Auge wach; da war es kalt und finster, es schrien die Raben vom Dach.” Die Winterreise. Und draußen ziehen stillgelegte Industrieanlagen vorbei, Neubauten der 70er mit Satellitenschüsseln vor den Fenstern und braune, kahle Bäume. Wie passend. Da träumt jemand vom Frühling, vom Aufbruch, und wird radikal aus seinen Träumen gerissen. Auch ich bin im Winter unterwegs und träume vom Aufbruch, vom Aufbruch des trockenen Rieslings. Ob nach den ersten paar Schlucken säuerlich-gezehrter Flüssigkeit die sinnbildlichen Raben vom Dach schreien werden? Continue reading

Ein Glas Marmelade für 18 Euro

“Etwas übertrieben”, mögt Ihr nach dem Lesen dieser Überschrift sagen. Stimmt. Das Glas hat nämlich nicht 18 € gekostet, sondern lediglich 17,95 €. Dafür waren in ihm auch nur 85 g Johannisbeer-Konfitüre enthalten. Einer Konfitüre allerdings, bei der alle Johannisbeerkerne per Hand mit Hilfe eines Gänsefederkiels entfernt wurden. Wenn Ihr jetzt denkt, dass wir hier bei Sonnenkönig-haften Attitüden angekommen sind, liegt Ihr gar nicht so falsch. Im lothringischen Bar-le-Duc haben sich in der Manufaktur von Anne Dutriez, “A la Lorraine“, Praktiken aus längst vergangenen Jahrhunderten erhalten. Continue reading

Kölsches Bloggerkochen: Zum Teufel mit den guten Vorsätzen

Mein guter Vorsatz für 2012: mal wieder nett essen gehen. Und schon ist es da, das sich ewig perpetuierende (neuerdings eins meiner Lieblingsworte) Dilemma: Gehe ich hin zu diesem “Kochblogger-kochen-Event”, habe ich zwar meinen guten Voratz wahrgemacht, aber gegen ihr Motto verstoßen, das mit dem Teufel. Halte ich mich aber an das Motto, dann dürfte ich entweder gar nicht hingehen, oder sie müssten grottenschlecht kochen, damit der Vorsatz nicht erfüllt wird. Die kochenden Protagonisten ließen aber die Befürchtung zu, dass es wahrscheinlich doch ganz gut, wenn nicht gar exzellent wird. Ich sage nur: Nata von Pastasciutta, Marqueee von Allem Anfang… und Marco vom Marieneck, dem mobilen Kochereignis. Ort der Handlung: das Claers in Köln. Also Gummistiefel draußen ausziehen und rein in die gute Stube! Continue reading

Der neue Weinjahrgang: mein erster 2011er

Das Jahr 2011 könnte durchaus in die Geschichte der besonderen Weinjahrgänge eingehen. Erst war es besonders warm mit einem besonders frühen Austrieb, weshalb dann in manchen Gegenden ein besonders böses Erwachen nach einem fatalen Nachtfrost stattfand. Später im Sommer regnete es dann besonders viel, aber dadurch grünte und gedieh auch alles wie blöd. Wer früh erntete, wurde mit horrenden Massen an wässrigen Trauben belohnt, wer zu lange wartete, konnte sich dafür mit einem potenziellen Alkoholgehalt von 16 vol% herumschlagen. Dazwischen aber, schön gepflegt, phenolisch reif, aber noch ausreichend straff geerntet, sollte uns 2011 doch ein paar sehr schöne Weine bescheren. Dies ist mein erster 2011er, ein einfacher natürlich, und dennoch starte ich gleich mal eine unseriöse Hochrechnung. Continue reading

Pflaumensekt selbstgemacht

Wahrscheinlich haben wir alle schon einmal eine übermäßige Menge frisches Gartenobst zu uns genommen. Sollte es sich um Pflaumen gehandelt haben, kann man nur hoffen, dass die betroffene Person die unweigerlichen Folgen in stiller Abgeschiedenheit mit sich selbst ausmachen konnte. Deshalb noch einmal die Warnung an alle unbedarften Stadtkinder: Pflaumen gehören zu den aggressivsten, ätzendsten, gefährlichsten Gegenständen im Garten überhaupt! Auch mein Schwager, der sich bei einem Spaziergang plötzlich mit einem Wildpflaumenbaum konfrontiert sah, wusste erst nicht so recht, wie er die Früchte entschärfen sollte. Dann aber kam ihm eine geniale Idee: Warum nicht den unberechenbaren Gärvorgang außerhalb des Körpers durchführen? Dann könnte man das auf diese Weise gemilderte Fruchtelixier ohne schlimme Befürchtungen verzehren. Continue reading